Das Wort Bürgerhaushalt drückt aus, dass der Haushaltsplan (Budget, Finanzplan) einer Gemeinde oder Stadt nicht nur von der Verwaltung vorbereitet und vom Rat beschlossen wird, sondern dass auch die ganze Bürgerschaft daran mitwirken kann.

Gerade wenn gespart werden muss, ist es sinnvoll, die Bürger selbst zu fragen, wo und wie das geschehen soll, und sich eine zusätzliche Legitimation für Sparmaßnahmen, aber auch für Ausgaben zu verschaffen.

Allerdings werden bis jetzt ziemlich unterschiedliche, aber nicht sehr weitgehende Mitwirkungsmöglichkeiten mit der Bezeichnung Bürgerhaushalt versehen. In manchen Gemeinden bekommt jeder Haushalt eine verständliche Kurzfassung des Haushaltsplans zugestellt und die Bürger können dann per Post oder Kummerkasten oder auf einer Bürgerversammlung oder über das Internet ihre Fragen und Anregungen dazu vorbringen. Entscheidungen fällt weiterhin nur der Rat.

An anderen Orten gibt es Arbeitskreise aus der Bürgerschaft, die sich mit bestimmten Teilen des Haushaltsplans beschäftigen.

Mehr als Aufrufe zu Vorschlägen scheint es bisher nicht zu geben. Bei Pilotprojekten ging es auch mehr um Transparenz, also um Information der Bürgerschaft, als um Mitsprache und Mitentscheidung.

Berühmt, weil einer der ersten, ist der Bürgerhaushalt (Orçamento Participativo) der Stadt Porto Alegre in Brasilien. In Porto Alegre bilden sich Initiativen, die möglichst viele Mitstreiter suchen und auf Bürgerversammlungen ihre Projekte einbringen. Sie entsenden Vertreter in ein Gremium, das die Vorschläge für die ganze Stadt sammelt, ordnet und daraus eine Vorauswahl trifft. Verwaltung und Rat bekommen praktisch eine Forderungsliste, die sie beim Aufstellen des Haushaltsplans berücksichtigen, soweit das möglich ist. Wenn ein Projekt verwirklicht wird, kann die entsprechende Initiative die Arbeiten begleiten und überwachen. Es sind also Aktivbürger in Bürgerinitiativen, die die Anregungen einbringen; dabei dürften sich die größten Inititiativen durchsetzen.

Kommunen und andere Einrichtungen, die sich für Beteiligung und Dialog bei der Gestaltung ihres Haushaltes interessieren, informiert und berät die Gesellschaft für Bürgergutachten gern, sowohl zum Verfahren als auch zu (haushalts- und anderen) wirtschaftlichen Aspekten. Über die bekannten Ansätze hinaus haben wir auch neue Ideen. Vor allem schlagen wir vor, nicht nur Aktivbürger einzubeziehen und die Beteiligung nicht nur dem Zufall, dem persönlichen Interesse oder der persönlichen Betroffenheit zu überlassen.