Peter C. Dienel
* 1923 † 2006

Professor Dr. Peter C. Dienel ist tot. Der Mann, der das in meinen Augen beste Bürgerbeteiligungsverfahren erfunden und entwickelt hat, ist am 13. Dezember 2006 in Berlin gestorben.

Viele kennen ihn als Vater der Planungszelle. So taufte er seine Erfindung, ein Bürgerbeteiligungsverfahren, ein Planungsverfahren, eine soziale Innovation, ein neues Demokratie-Instrument, etwas, das es noch nicht gab und das deshalb in keine Schublade passte – und immer noch nicht passt, wie alles wirklich Neue.

Nicht einmal einen wirklich passenden Namen gibt es dafür: Planungszelle, Bürgergutachten, das sind alles nur Versuche.

Worum es Peter Dienel ging, war nicht nur ein effizientes Verfahren, sondern die Ermöglichung des Bürgers (des vernünftigen, freien und gemeinsam handelnden Bürgers), die Befreiung der Politik durch den Bürger, eine Weiterentwicklung der Demokratie und damit der Gesellschaft, ja des Menschen.

Peter Dienel hatte ein Leben vor der Planungszelle, und auch neben ihr gab es trotz seiner unheimlich intensiven Arbeit für diese Sache noch etwas in seinem Leben.

Unbefangen und unbekümmert wirkte er immer, und wie! Aber er hat sich gekümmert: Als junger Mann, aus dem Krieg nach Berlin heimgekehrt, gründete er ein Heim für heimat- und wohnungslose Jugendliche. Dann studierte er, Theologie. Seine evangelische Freikirche war ihm immer eine Heimat.

Er promovierte in Münster und wurde 1961 Studienleiter bei der Evangelischen Akademie Loccum. 1968 berief man ihn in den Planungsstab der Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen. Dort erlebte er, wie er oft erzählte, dass Gutachten in der Regel aus drei Gründen in Auftrag gegeben wurden: 1. um einem befreundeten Professor etwas Gutes zu tun, 2. um ein Problem auf die lange Bank zu schieben, und 3. um für eine Sache, die man ohnehin anstrebte, eine wissenschaftliche Grundlage zu bekommen. Die Nutzer und die Bürger wurden nicht gefragt. So kamen Lösungen heraus, die an ihren Bedürfnissen vorbeigingen.

1969 wurde Peter Dienel an die Universität Wuppertal berufen. Mit seinen Erfahrungen, vor allem mit seiner Überzeugung, dass alle Menschen etwas Wertvolles beizutragen haben und auch dazu berechtigt sind, entwickelte er die Planungszelle. Weil nicht jeder bei allem immer wirklich mitreden kann, muss ausgewählt werden: Die Zufallsauswahl sorgt dafür, dass jeder die gleiche Chance bekommt. Damit etwas Vernünftiges herauskommt, braucht man Informationen. Die werden von Experten und Interessenvertretern geboten. Und die Menschen müssen miteinander reden, dabei kommen sie auf neue Ideen, verstehen sich gegenseitig und sich selber besser und können sich schrittweise auf Vorschläge einigen. Dazu brauchen sie Zeit. Deshalb arbeiten die Bürgerinnen und Bürger mehrere ganze Arbeitstage lang an einem Bürgergutachten. Es wurde ausprobiert, und es gelang. Mit vielen Mitarbeitern und viel Erfahrung wurde das Verfahren weiterentwickelt.

Er konnte die Menschen dafür begeistern, weil mehr dahinter war als nur eine Methode. Den Menschen vertraute er, und sein Verfahren beweist immer wieder: zurecht.

Akademisches, würdevolles Getue war ihm fremd. Alt war er nie wirklich. Jünger als wir erschien er mir oft.

Wir trauern um ihn und denken an seine Frau und seine Kinder.

Hilmar Sturm

»Wir sind in der Tat zum Aktiv-Werden verurteilt. Dabei geht es nicht um eine Theorie-Frage oder noch mehr Bücher. Wir stehen vor einer Praxisfrage: Wie organisiert man die Ermöglichung des Bürgers? …

Das Thema „wir und der Staat“ ist noch längst nicht verbrannt. „Demokratie“ erweist sich immer klarer als die organisatorische Konsequenz aus der generell akzeptierten Idealvorstellung von der Menschenwürde. Es werden jetzt Leute gesucht, die Sinn für die entsprechenden Zwischenziele aufbringen. Zum Beispiel wir beide.«

Peter C. Dienel

Das Foto zeigt Peter Dienel auf seiner Konferenz in Berlin im Mai 2004.