In der Finanzkrise, die sich auch auf die öffentlichen Haushalte niederschlagen wird, scheint die Bürgerbeteiligung als netter Luxus an den Rand zu treten. Dabei ist sie jetzt besonders wichtig.

Die Bundestagswahl hat gezeigt, dass vor allem eine Partei verloren hat, die, wie man jetzt lesen kann, intern ihre Mitglieder und extern die Bürger zu wenig beteiligt und zu wenig mit den Menschen gesprochen hat (die SPD).

Es ist klar, dass Konjunkturmittel schnell fließen müssen, damit sie rechtzeitig wirken. Bei der Geschwindigkeit wäre Bürgerbeteiligung schwierig – aber nicht unmöglich. Denn man sollte doch das Geld nicht nur da ausgeben, wo es Nachfrageausfälle teilweise ersetzt, Arbeitsplätze rettet und möglichst viel private Investitionen verursacht, sondern auch da, wo die Bürgerinnen und Bürger Leistungen der öffentlichen Hand wirklich brauchen.

Es ist noch nicht klar, ob die Krise wirklich vorbei ist und ob nicht schon die nächste Blase wächst. Aber klar ist, dass die öffentlichen Haushalte über alle Grenzen hinaus belastet worden sind. Und letztlich geben wir in Gemeinde, Staat und Bund schon seit Jahrzehnten dauerhaft mehr Geld aus als hereinkommt.

Das heißt, wir müssen uns eines Tages, und zwar möglichst bald, der Aufgabe stellen, die Ausgaben zu senken und/oder die Steuern und Abgaben zu erhöhen. Welche Ausgaben aber wirklich wichtig sind und welche weniger, wie viel und welche Steuern sinnvoll sind oder nicht, das können schon aus praktischen Gründen letztlich nur die Bürgerinnen und Bürger. Denn nur sie wissen, welche Leistungen sie wie dringend benötigen und wertschätzen. Nur sie gemeinsam können eine Umverteilung, Leistungsgestaltung und Abgabenlast definieren, die sie tragen und ertragen wollen.

Fragt man sie nicht und überlässt es allein den Fachleuten und Berufspolitikern, diese Fragen zu beantworten, dann wird man sicher auch viele richtige Entscheidungen treffen, aber auf größere Treffsicherheit verzichten – und das heißt Ineffizienz. Die können und wollen wir uns aber nicht mehr leisten.

Die Bürgerinnen und Bürger können sehr wohl gut mit Geld umgehen. Die Erfahrung in der Schweiz zeigt, dass Menschen auch direkt für Steuererhöhungen stimmen, wenn sie deren Sinn einsehen und an der Entscheidung beteiligt werden. Dann zahlen sie ihre Steuern mit einem ganz anderen Gefühl und auch mit mehr Ehrlichkeit.

Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat außerdem gezeigt, dass die meisten Fachleute und Experten, fast alle Eliten in Politik, Ministerien und Fachverwaltung, Wissenschaft und Medien ganz wichtige Dinge nicht berücksichtigt hatten. Es wäre an der Zeit, dass sie nicht nur ihre Theorien verbessern, sondern auch die besser einbeziehen, für die sie arbeiten und deren Lebenschancen sie mitgestalten. Die Krise zeigt, dass Expertentum und Berufsmäßigkeit nicht vor Fehlern schützt.

Zur Bewältigung der Krise und zur Vermeidung der nächsten brauchen wir einen Grundkonsens und gemeinsame Bemühungen – mit den Bürgern, nicht nur in ihrem Auftrag und für sie.

Methoden dazu gibt es genügend. Auch zum Sparen, wie zum Beispiel den Bürgerhaushalt. Und dass gespart werden muss, scheint den Bürgerinnen und Bürgern klarer zu sein als manchen Politikern.