Die Vorbereitungen für das Bürgergutachten zur Zukunft der ländlichen Räume in Bayern sind wieder einen Schritt weiter: Am 30. November haben 27 Bürgerinnen und Bürger in Wunsiedel ihre viertägige Arbeit erfolgreich beendet. Eine Woche vorher hatten eine Gruppe in Landshut das gleiche Programm abgearbeitet.

Jetzt werden die vielen Ergebnisse, von der Feststellung des Zustands und den Zukunftserwartungen der ländlichen Räume über Empfehlungen für viele Einzelthemen bis hin zu Leitzielen und Modellvorhaben für die Entwicklung der ländlichen Räume, zusammengestellt und ausgewertet. Im Februar wird dann voraussichtlich das regionale bayerische Bürgergutachten vorgelegt.

Am Wochenende vor Ostern 2007 werden Mitglieder der beiden Bürgergruppen in Brüssel gemeinsam mit Menschen aus sieben anderen Regionen Europas übergreifende Empfehlungen für die ländlichen Räume in ganz Europa entwickeln und vorlegen.

Medienberichte

Die Landshuter Zeitung brachte einen Artikel, der unten wiedergegeben ist (25. November 2006).

Die Frankenpost berichtete über die Tagung in Wunsiedel, und Radio Euroherz sendete einen kurzen Beitrag mit einem Telefoninterview. Beide Beiträge können hier heruntergeladen/angesehen/angehört werden:

Artikel aus der «Frankenpost/Sechsämterbote» (www.frankenpost.de) vom 1. Dezember 2006 (von Christl Schemm; Word-Datei, 369 KB, 2 Seiten)

Rundfunksendung von Radio Euroherz (www.euroherz.de) vom 29. November 2006 (MP3-Datei, 1,8 MB)

23 Bürger arbeiten an Bürgergutachten für München und Brüssel – Kritik am Denglisch

Die Landschaft, die schönen Dörfer, Märkte und Städte, die Zeugnisse ihrer reichen Geschichte, und die modernen Firmen als Ausdruck von Wirtschaftskraft und einer erfolgreichen Gegenwart: Stadt und Landkreis Landshut haben viel zu bieten und bilden eine der attraktivsten Regionen Deutschlands. Aber was wünschen sich die Bürger für die Zukunft dieses ländlich geprägten Raums? Antworten auf diese Fragen erarbeiteten 23 Frauen und Männer im großen Sitzungssaal des Landratsamts im Rahmen eines sogenannten Bürgergutachten-Verfahrens, an dem sich EU-weit mehrere hundert Menschen beteiligen.

Landrat Josef Eppeneder und der geschäftsleitende Beamte des Landratsamts, Karlheinz Wittmann, hießen die 23 Frauen und Männer aus der Stadt und dem Landkreis Landshut willkommen, die unter der Leitung von Dr. Christian Weilmeier von der „Gesellschaft für Bürgergutachten“ Vorschläge und Leitlinien zu einer Fülle von Themen verfassten: Das Themen-Spektrum, das Weilmeier, sein bayerischer Mitarbeiter Franz Steinhäuser und seine Schweizer Kollegin Rita Zwingli gemeinsam mit den Teilnehmern an vier Sitzungstagen abarbeiteten, reicht von der Wirtschaftsförderung und Jugendarbeitslosigkeit über die Situation des Einzelhandels, der Landwirtschaft und der Verkehrssysteme bis zu Naturschutz, Freizeit und Tourismus und zum Verhältnis zwischen Städten und dem sogenannten flachen Land.

Landrat Josef Eppeneder und der geschäftsleitende Beamte Karlheinz Wittmann (rechts) hießen Tagungsleiter Dr. Christian Weilmeier (Mitte) und die Teilnehmer an der Erarbeitung eines Bürgergutachtens willkommen.

Die Ergebnisse, die meist in kleinen Arbeitsgruppen zu fünf Personen erarbeitet wurden, finden Eingang in ein „Bürgergutachten“, das Dr. Weilmeier und seine Mitarbeiter als Quintessenz der Vorschläge der Teilnehmer verfassen. Das Gutachten wird, voraussichtlich im Februar, zunächst Bayerns Wirtschaftsminister Erwin Huber vorgestellt.

Aber es wird auch noch höheren Orts behandelt werden – bei der Zentrale der Europäischen Union in Brüssel. Landrat Eppeneder brachte seine Freude darüber zum Ausdruck, dass die Meinungen der Bürger aus dem Landkreis und der Stadt Landshut maßgeblich als Stimmen Bayerns in die EU-weite Erhebung einfließen. (Neben den Bürgern aus der Region Landshut wird noch im Landkreis Wunsiedel eine solches Bürgergutachten durchgeführt.) Er hoffe, dass die Anregungen, Kritikpunkte und Meinungen, die Dr. Weilmeier und seine Kollegen zusammenfassen werden, gerade auch auf europäischer Ebene in Brüssel gelesen und angemessen gewichtet werden.

Der Landkreis Landshut sei ein Spitzenstandort, betonte Landrat Eppeneder mit Verweis auf das hervorragende Abschneiden des Landkreises in Vergleichsstudien: Wie immer die Prüfungsansätze seien, stets sei der Landkreis Landshut unter den besten zehn Prozent der Landkreise und kreisfreien Städte Deutschlands. Das sei aber auch eine große Verpflichtung für alle, die in der Region Landshut in der Verantwortung stehen, diesen Raum als lebens- und liebenswerte Heimat zu erhalten und weiterzuentwickeln.

Das Bürgergutachten „Zukunft des ländlichen Raums“ wird insgesamt in zwölf europäischen Staaten erarbeitet, von Irland über Belgien und Italien bis Rumänien. Mit dem Kanton St. Gallen und damit der Schweiz ist auch ein Nicht-EU-Mitglied beteiligt.

Wie berichtet, sind die Teilnehmer an den Arbeitskreisen für das Bürgergutachten in einem Zufallsverfahren aus den Einwohnerdateien ausgewählt worden. In der Landshuter Mannschaft sind von Schülern bis zu Rentnern Bürgerinnen und Bürger der verschiedensten Altersstufen und Berufe vertreten.

Eigentlich hätten es 25 Teilnehmer sein sollen, erläutert der Tagungsleiter Dr. Weilmeier, aber zwei mussten aus zwingenden privaten und beruflichen Gründen kurzfristig absagen. Er habe schon viele Bürgergutachten betreut, aber von dieser Gruppe müsse er sagen, dass sie hervorsteche: Die Teilnehmer hätten keinen Tag Eingewöhnungszeit verloren, sondern gleich losgelegt, als ob sie so etwas öfter machten, erklärt Weilmeier begeistert.

Zu den verschiedenen Themen referierten Experten zum Beispiel aus Münchner Ministerien, aber auch Mitarbeiter des Landratsamts Landshut wie der Wirtschaftsförderreferent Albrecht Alram. Zu den Fragen des Verhältnisses von Städten und ihrem Umland sprachen Mitarbeiter des Bayerischen Städtetags und des Bayerischen Gemeindetags.

Und auch eine Diskussion mit Landtagsabgeordneten stand auf dem Programm: MdL Gertraud Goderbauer (CSU) und ihr Parlamentskollege aus Neuburg am Inn, Eike Hallitzky (Bündnis 90/Grüne), legten ihre Vorstellungen dar – und machten, bei allen Unterschieden, sehr wohl viele Gemeinsamkeiten in der konkreten Arbeit für den ländlichen Raum deutlich.

Die Fachvorträge, so interessant und informativ sie sein mögen, „machen bei solchen Treffen nur ein knappes Viertel der Tagungszeit aus“, betont Christian Weilmeier: Das Gros der Zeit entfalle auf die Erarbeitung eigener Vorschläge und Zukunftsperspektiven für die Heimatregion.

Und auch ein gesundes Selbstbewusstsein legten die Teilnehmer aus der Region Landshut an den Tag, freut sich Weilmeier.

Wenn man konkrete Vorschläge für die Zukunft der Heimat machen solle, müssten auch Sprache und Begriffe klar sein, haben die Teilnehmer betont, berichtet er: Sie hätten sich entschieden gegen das Denglisch ausgesprochen, das bei Großkonzernen, Werbe-Agenturen oder Planungsstäben in Wirtschaftsministerien so beliebt ist und wo es zum Beispiel von „Clustern“ nur so wimmelt. Die Forderung: deutsche Begriffe statt englischer Wörter nehmen, wenn diese überflüssig, hässlich oder nicht allgemein verständlich sind.

Elmar Stöttner

In Arbeitsgruppen und am Ende im Plenum aller Teilnehmer erarbeiten Frauen und Männer verschiedenster Alters- und Berufsgruppen Vorschläge für die „Zukunft des ländlichen Raums“. Mit den Bürgern diskutierten als Vertreter von Bayerns Parlament MdL Gertraud Goderbauer (CSU) und MdL Eike Hallitzky (B 90/Grüne).

Quelle: »Landshuter Zeitung«, Samstag, 25. November 2006