Sind große Verkehrsprojekte überhaupt noch möglich, oder scheitern sie am Widerstand von Gruppen, die besonders laut sind? Oder gibt es gar keine Mehrheiten mehr dafür?

Mit diesen Fragen hat sich die Deutsche Verkehrswissenschaftliche Gesellschaft (DVWG) Südbayern am 15. März in München befasst. Dr. Hilmar Sturm (gfb) sprach dabei über »Verkehrsgroßprojekte in Deutschland ohne Chance?«.

Seine Thesen in Kurzfassung:

  • Es gibt eine Vertrauens- und Verstehenskrise zwischen Politik, Fachplanung und Bürgerschaft, die seit langem erkennbar ist und sich weiter verschärft. »Stuttgart 21« ist nur ein Symptom davon.
  • Soweit Bürgerbeteiligung stattfindet, führt sie häufig zu Enttäuschung auf beiden Seiten. Das liegt oft daran, dass nicht klar ist, was überhaupt Bürgerbeteiligung bedeutet. Welche Bürger wurden beteiligt – wie – mit welchem Ergebnis – und woran? Insbesondere ist die Frage: Gibt es einen echten Mitsprache- oder Mitentscheidungsspielraum für die Bürger/innen? Wenn Bürger/innen in einem Zufallsverfahren ausgewählt werden, hat man es mit einem breiten Abbild der Bevölkerung zu tun; sonst kommen in der Regel besonders Interessierte (und damit oft einer Sache besonders negativ oder positiv gegenüberstehende Personen).
  • Zusammenfassend (wenn auch sicher nicht vollständig): Auch große Verkehrsprojekte haben in Deutschland eine realistische Chance, wenn

    – es gute Gründe für sie gibt – Gründe, die nicht nur Fachplaner und Politiker als gut einschätzen

    – auch Kosten und Nachteile ehrlich kommuniziert und diskutiert werden

    – die Konzepte Überarbeitungen und Verbesserungen ermöglichen (statt „alternativlos“)

    – die Bevölkerung frühzeitig einbezogen wird

    – sinnvolle und gute Beteiligungsverfahren eingesetzt werden

    – genügend Zeit für Bürgerbeteiligung vorgesehen wird

    Das Beispiel der NEAT (Alptransit) in der Schweiz zeigt, dass sehr große Verkehrsprojekte durchaus möglich sind, sogar wenn das Volk mehrmals selbst darüber abstimmt.